Sunrise Avenue begeistern im Hallenstadion

Konzert-Kritik: Sunrise Avenue in Zürich
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Bäckstage / © Lisa Stettler

Als um kurz vor 20 Uhr Support-Act Tim Kamrad mit seiner Band die Bühne des ausverkauften Hallenstadions betrat, waren noch einige Plätze unbesetzt und auch der Innenraum füllte sich erst langsam. Der 20-Jährige gab sich alle Mühe, die Zuschauer mit seiner sympathischen Art und seinen Songs rund um die aktuelle Single «Words 4 U» zu überzeugen. Doch wurde man den Verdacht nicht los, dass die grossen Hallen doch noch eine Spur zu viel sind für den deutschen Newcomer. Jedoch freue er sich schon darauf, für sein eigenes Konzert am 22. September wieder nach Zürich zu kommen, wie er verriet. Er tritt dann im Mascotte auf und hat auf alle Fälle im kleinen Rahmen eine zweite Chance verdient.

 

Um 21 Uhr war es dann soweit. Während des Intros zu «Prisoner in Paradise» betraten die fünf Finnen von Sunrise Avenue unter tosendem Applaus die Bühne. Das Lied, das nicht auf der neuen CD zu finden ist, feierte auf dieser Tour Premiere und eignete sich optimal als Einstieg in den Abend. Nach «Beautiful», einem Stück aus dem neuen Album «Heartbreak Century», zeigten die Musiker mit «Unholy Ground», dass sie auch die schnelleren, rockigen Nummern nicht verlernt haben.

 

Viele Männer in der ersten Reihe - bemerkt Samu. 

 

Frontmann Samu Habers erste Schritte auf den Steg, der ihn weiter in das Halleninnere brachte, wurden mit lautem Gekreische vom Stegende begrüsst. Das Publikum war bunt gemischt und mit einem erstaunlich hohen Männer-Anteil, der auch dem Sänger nicht verborgen blieb. Sie hätten ja das Glück, immer vor einer tollen Crowd spielen zu dürfen, aber selten hätte er so viele Männer in den ersten Reihen erlebt, schmunzelte Samu.

 

Die Band schien sich wieder wohl zu fühlen auf der grossen Bühne des Hallenstadions. Gerade auf grossen Bühnen wirkten sie eine Zeit lang etwas ausgebrannt. Nachdem sie 2016 nach der Tour mit dem eigenen Wonderland Orchester eine eineinhalbjährige Pause eingelegt hatte, waren die Musiker im letzten Herbst nach dem Motto «back to the roots» quer durch Europas Clubs gereist. Einen Stopp legten sie damals auch im Zürcher X-Tra ein, welchen Sie auch gleich nutzten, um das Video zur aktuellen Single «Heartbreak Century» zu drehen. Sunrise Avenue machten im Hallenstadion wieder einen viel spielfreudigeren Eindruck und sie schienen den Spass an Stadion-Show wieder gefunden zu haben. 

 

Fotos: Bäckstage / © Lisa Stettler 

 

Riku Rajamaa an der Gitarre, Raul Ruutu am Bass, Sami Osala an den Drums sowie Band-Verstärkung Osmo Ikonen am Keyboard zeigten deutlich, dass ein beliebter Frontmann allein nicht die Musik macht. Sie beherrschen ihre Instrumente erstklassig und bespielen sie mit Begeisterung, zur großen Freude der Musikfans auch mit kleinen Gitarren- und Keyboard-Soli. Die Band spielt gerne mit Varianten an diversen Songs, und somit wurde «Forever Yours» nicht in der klassischen Version gespielt, sondern in der etwas düsteren Nightliner-Version, was nicht bei allen Zuhörern ankam. Aber gerade das, bewies die Vielseitigkeit der Band, die sich selber ungern in eine Richtungs-Schublade stecken lassen mag. Gerade auf dem neuen Album zeigt sich mit «Never let go» und «I help you hate me» ein Folk-Country-Einschlag, der beim Schweizer Publikum gut ankam. Auf den fünf Screens, die über der Bühne hinter den Musikern hingen, wurden die Songs mit einer tollen Licht- und Bildshow unterstützt, die die Stimmung vor allem bei den ruhigeren Stücken eindrucksvoll verstärkte.

 

Vor dem Song «Flag» wollte der 41-jährige Haber alle Flaggen im Saal sehen, und die Fans winkten mit selbst entworfenen Plakaten oder auch finnischen Fahnen. Er erzählte, dass die Flagge auf dem Cover des Albums die Idee der Fotografin und Bandfreundin Anna gewesen sei und er diese sofort aufgegriffen hätte. In dem Zusammenhang wurde natürlich auch die «Swiss Crew», der Schweizer Fanclub der Band, erwähnt, deren Flagge bei den Schweizer Konzerten nicht fehlen darf.

 

«Hollywood Hills» als Finale. 

 

Spätestens bei «Point of no return» hatte die Band das doch zwischenzeitlich eher ruhigere Schweizer Publikum komplett im Griff. Für einen Song lang waren kaum Handys und Kameras zu sehen, dafür alle Hände gegen die Hallendecke gestreckt. Die Band nutzte den Schwung aus, zog mit  «Fairytale gone bad», die der Band den Durchbruch brachte, noch einmal an, und das Publikum sang sich die Seele aus dem Leib.

 

Nach einer kurzen Pause kehrten die Finnen mit der Ballade «Home» zurück und eröffneten die Endrunde.  Das Stadion verwandelte sich in ein Lichtermeer. Es war wohl der emotionalste Moment des Abends, nicht nur für Sänger Samu, dessen Stimme fast wegbrach, sondern auch für das Publikum mit Gänsehaut-Garantie. Einmal tief durchatmen - und dann ab ins grosse Finale mit dem wohl bekanntesten Hit «Hollywood Hills», den das Publikum wie so oft fast allein performte. 

 

Lange werden die Schweizer Fans nicht auf ihre Lieblingsfinnen verzichten müssen. Sunrise Avenue werden im Juli für das Stars of Sounds in Murten und zwei Wochen später zum Moon and Stars in Locarno in die Schweiz zurückkehren

 

Sunrise Avenue feierten einen bunt gemischten Abend mit neuen Songs des aktuellen Albums «Heartbreak Century» und natürlich mit älteren Songs und den bekannten Hits.  

 

Lisa Gosteli / So, 18. Mär 2018